Schützenadler

Tafel-Lied
zum
Martins-Schmaus
der
Schützengesellschaft
zu
Jena
am 15. November 1893

Mel.: Sind wir vereint zur guten Stunde etc.
Sind wir vereint zur guten Stunde,
Denn wo ein Kreis von Männer sich,
Die angehören einem Bunde,
Zusammenfindet brüderlich,
Um einen Festtag zu begehen,
Der Allen gleich bedeutungsvoll -
|: Da strebt der Geist, der Sinn nach Höhen,
|: Es fühlt das Menschenherz sich wohl.
Es ist ein schöner Brauch im Leben,
Das im Gedächtniß zu bewahr'n,
Was einst durch so viel Müh und Streben
Erstanden ist vor vielen Jahr'n.
Auch wir sind heute hier erschienen
Um der Erinn'rung uns zu freu'n
|: Des Reformators, geiseskühnen,
|: Des woll'n wir eingedenk stets sein.
III IV
Nun nach dreihundertfünfzig Jahren
Ist manches vielmals reformirt,
Die Sätze, welche gut erst waren,
Sind oft vermehrt, oft reduzirt.
So bleibt der Gang im Menschenleben
Von damals bis in Ewigkeit,
|: Was heut geeint durch Fleiß und Streben,
|: Wird morgen oft im Wind zerstreut.
Nun uns're Gilde zu den Zeiten,
Als Luthers Lehre brach sich Bahn,
So sollt' es ihr als Glück bedeuten:
Ihr brach der neue Morgen an!
Wohl harte Kämpfe hat's gegeben
Mit Rom, sowie im Land zugleich,
|: Doch konnte sie nun jetzt erleben
|: Ein neuerstand'nes Deutsches Reich!
V VI
Zu Deutschlands Einheit, deutscher Größe,
Wer war's, der so gut reformirt?
Für Freund sowie für Feind nicht böse,
Fürst Bismarck war's, der's durchgeführt.
Sein Name glänzt nach tausend Jahren
Viel heller noch als heut' bekannt,
|: Er mahnt uns Lieb' und Treu zu wahren
|: Für Kaiser, Fürst und Vaterland!!
In uns'res kleinen Reiches Mitte
Regiert uns König Constantin
Nach guter alter deutscher Sitte
Und echtem biederm Schützensinn.
Er sorgt für uns im Wald, im Felde,
Schützt Handel und Gewerbe fein,
|: Wie wär's nun, wenn er Jagd anstellte
|: Und lad't dazu sein Völkchen ein?
    (Hoch König Constantin mit seinem lieben Röschen.)
VII VIII
An unsern Schießstand dicht daneben,
Da pflanzt man Aepfelbäume an.
Wünsch Jedem, daß er's mag erleben
Und in die Aepfel hauen kann.
Sie mögen wachsen auf dem Raume,
Nur's Gießen hilft bei Grad' und Krumm,
|: Denn Abends jagt bei seinem Baume
|: Sich Mancher mit 'nem Aeffchen 'rum.
Nun laßt vorerst ein Hoch erklingen
Den lieben Frauen hier beim Schmaus,
Wie freudig sie um Preise ringen
Im Walten für Geschäft und Haus.
Wenn Jena's Schützen ziehn zum Streite,
Sogar bis in das Land Tyrol,
|: Das sorgt im Haus zu uns'rer Freude
|: Ein liebend Herz! Trinkt auf ihr Wohl!
(Tusch!)      
IX X
Kam'raden laßt den Blick uns lenken
Nach einem Mann, der heute fehlt,
Mag Gott ihm bald Gesundheit schenken,
Verbannen Krankheit, die ihn quält.
Damit vereint in unserm Kreise
Der Schützenmeister und Hauptmann
|: In Inn'ger, urfideler Weise
|: Das Wiegenfest oft feiern kann.
    (Auf die fortschreitende Genesung unseres lieben
    Schützenmeisters ein kräftiges Hoch!)
Wie alles sinkt im Strom der Zeiten
Und alles Gute bricht sich Bahn,
Gehört zu guter Bürger Freuden
Ein Mann mit Bürgersinn voran!
Hoch Dir, mein Jena, hast's erhalten
In Eintracht und in Harmonie.
|: Gott segne Euer Thun und Walten
|: In Stadt und Schützencompagnie!
(Tusch!)      
G. Rodigast.
Druck: B. Engau, Jena.

Quellen:
Text: Universitätsbibliothek Jena, Signatur: 8 Hist.lit.VI,138(25)
Melodiebeispiel: www.ingeb.org - Sind wir vereint zur guten Stunde

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Jena, den 10. April 2006 -