Schützenadler

Lied
zur
Festtafel der Schützengesellschaft
zu Jena
Freitag, den 11. August 1893.

Mel.: O alte Burschenherrlichkeit etc.
O Vogelschießens=Herrlichkeit!
Wie bald bist du geschwunden!
Verflogen rasch in Festeszeit
Die angenehmen Stunden.
|: Vergebens späh' ich dann umher,
|: Ich finde deine Spur nicht mehr,
|: Nur's Port'monnaie, das leere,
|: Zeugt von des Festes Schwere.
Den Schützenhut bedeckt der Staub,
Die Joppe hängt im Schranke,
Der Degen wird des Rostes Raub,
Der blitzende, der blanke.
|: Es schweigt Reveille, Zapfenstreich,
|: Die Artill'rie im Schützenreich,
|: Doch heut beim frohen Mahle
|: Laßt klingen die Pokale!
III IV
Wo sind sie, die vom breiten Stein
Nicht wankten und nicht wichen?
Hochedler Graf von Ziegenhain,
Dein Stern ist nun erblichen!
|: Da kommt er mit gesenktem Blick
|: Von seinem Königsthron zurück,
|: Regierte treu und bieder
|: Und sprach: Nehmt mich bald wieder!
Er schrieb mit heiterm Angesicht
Zwar keine Relationen,
Doch er vergaß die Treuen nicht
Echt fürstlich zu belohnen.
|: Schuf viele Aemter in dem Reich,
|: Gab viel Gehälter und zugleich
|: Ein Waldfest ohne gleichen
|: Sal'mander laßt ihn steigen!
(Urkräftiger Salamander u. darauffolgende Weinrakete.)
V VI
Nach Eckardtsberga zogen aus
Jenenser Schützen viele,
Bestanden dort manch harten Strauß
Im ritterlichen Spiele.
|: Doch nach Turnier mit Becherklang,
|: Nach Festball, heiterm Scherz und Sang
|: Kann einen das passiren,
|: Die Stiefeln zu verlieren!
Bei allergrößter Vorsicht kann
Nach solchen schweren Fehden
Der allerbeste liebe Mann
Verbote übertreten!
|: Kehrt man mit letztem Zug zurück,
|: Bis Camburg lächelt ihm das Glück!
|: Von da aus purem Hasse
|: Fährt er mit zweiter Klasse.
VII VIII
In Weimar, Leipzig kämpfte schwer
Für Jena's Ruhm ein Jeder:
Schulinus, Kämmer, Krause, Röhr,
Heinecke, Rausche, Schröder,
|: A. Schneider und E. Honigmann,
|: Jedoch der wackern Schaar voran
|: Steht Rösel diesesmale
|: Mit fürstlichem Pokale.
(Ein dreimaliges Hurrah Jena's Scharfschützen.)
Hat man Malheur, so muß sich's ja
Zu manchen Tagen schicken,
Wie unserm Kam'rad Sch,
Dem lieben guten Dicken.
|: Er wußte es nicht, ging fort zu Haus,
|: Zum Ochsenbratenfest, o Graus!
|: Bevor er kriegt den Braten
|: Mußt in der Saal' er baden.
IX X
Fanfarenruf klang uns ins Ohr,
Kam'rad, getreuer hörste?
Zum Schützenthron schwang sich empor
Fürst Constantin der Erste.
|: Den Platz mit ihm sein Röschen theilt.
|: Kam'raden, hebet unverweilt
|: Das Glas, voll Blut der Reben:
|: Das Königspaar soll leben!
(Tusch!)      
Hoch leb' Dein Ministerium!
Hoch leben Deine Räthe!
Den Gästen Hoch! im Kreis herum
Von unten bis zur Tète.
|: Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang,
|: Der bleibt ein Narr' sein Leben lang.
|: Den Frau'n vor allen Dingen
|: Soll dieses Hoch erklingen!
(Tusch! Frauenheil.)      
XI XII
Das rechte, echte Schützenherz
Kann nimmermehr erkalten,
Im Ernste wird, wie hier im Scherz,
Der rechte Sinn stets walten.
|: Die alte Schale nur ist fern,
|: Geblieben ist uns doch der Kern,
|: Und den laßt uns bewahren
|: Heut' und in später'n Jahren!
(Vom Platze erheben, sich die Hände reichen!)
Kam'raden reichet euch die Hand,
Damit es sich erneue,
Der alten Freundschaft heil'ges Band,
Das alte Band der Treue!
|: Der lieben Schützen=Compagnie
|: Erklinge heute, wie noch nie,
|: Ein donnernd Hoch! Und weiter
|: Erhalt' uns, Herr, den Leiter!
(Tusch!)      
G. Rodigast.
Druck: B. Engau, Jena.

Quellen:
Text: Universitätsbibliothek Jena, Signatur: 8 Hist.lit.VI,138(24)
Melodiebeispiel: www.ingeb.org - Oh alte Burschenherrlichkeit

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Jena, den 10. April 2006 -