Schützenadler
Kalender der Schützengesellschaft Jena

Das Jahr 1945

24. Februar: (Sa) Die Generalversammlung der Schützengesellschaft Jena im "Ratskeller", wahrscheinlich die letzte im Bestehen der Gesellschaft, steht unter dem Eind­ruck der ersten schweren Luft­angriffe(W) auf Jena und ver­zeich­net des­halb nur elf Teil­nehmer: • Eröffnung: 19:15 • Gedenken (E. Barthel, A. Posner, F. Borgas ver­stor­ben) • Eingänge (A. Riedel ist auf Urlaub und läßt grüßen, Brief von H. Marziniak, Schützen­gau Thü­ringen, Ab­gabe der Uni­for­men) • letztes Proto­koll (ver­lesen und geneh­migt) • Geschäfts­bericht des Vereins­führers (102 Mit­glieder, ein­schließl. 3 Ehren­mit­glie­der, 5 Abgänge durch Tod, eine Abmel­dung, eine Auf­nah­me) • Finanz­bericht (beträcht­liche Ver­mögens­werte) • Bericht der Kassen­prüfer (E. Bauer, P. Apel, Kasse für richtig befunden, Antrag auf Ent­lastung) • Bericht des Schieß­leiters (wegen Abwesen­heit nicht gehalten) • Entlastung des Gesamtvorstandes • Wiederwahl der Kassen­prüfer auf 2 Jahre • Ver­schie­denes (Edmund Bauer dankt für Glück­wün­sche zum 70.) • Ver­samml­ung 21 Uhr geschlos­sen. /PB/
17./19. März: (Sa/Mo) Bei den Bombardements auf Jena am 17.3. oder 19.3. wird das "alte Schützenhaus" zerstört - siehe Luftaufnahmen… /G.de/
19. März: (Mo) An diesem „schwärzesten Tag in der Jenaer Geschichte” bombardieren in einem Großangriff "Flie­gen­de Fe­stun­gen" der U.S. Air Force besonders die Innen­stadt. Es gibt über 140 Tote, etwa 100 Schwer- und Leicht­ver­wun­dete sowie 8.000 Ob­dach­lose. An Gebäuden werden 441 beschädigt, davon 54 total, 82 schwer, 16 mittel­schwer sowie 289 leicht. /J.de/
Aus dem Umfeld der Schützen­gesell­schaft sind folgende Personen bekannt, die an diesem Tag den Tod finden: Ober­bürger­meister a.D. Alex­ander Els­ner (Eh­ren­mit­glied, *1881) /JM/, Kauf­mann Bert­hold Welsch (*1872) /BP/
13. April: (Fr) Die Stadt Jena wird nach der Artillerie-Beschießung am 11.4. ohne große Kampf­hand­lungen durch US-ameri­kani­sche Truppen besetzt. Damit ist für Jena der zweite Welt­krieg zu Ende.
Neben der Zer­stö­rung von gro­ßen Tei­len der lebens­not­wen­digen Infra­struk­tur, ver­zeich­net Jena über 700 Tote durch die Bomben­angriffe, mehr als 2.000 Töchter und Söhne der Stadt sind im Krieg gefallen. /J.de/
April - Juni: Mit der Besetzung thüringer Gebiete durch die alliierten Streitkräfte, hier die amerikanischen, tritt deren Besat­zungs­recht in Kraft. Damit auch die bereits am 18. Sep­tember 1944 veröffent­lich­ten Ge­set­ze, Ver­ord­nun­gen, An­wei­sun­gen und An­ord­nun­gen - SHAEF-Militär-Gesetze.
Insbesondere sind hier die Gesetze Nr. 5 (Auf­lösung der National­sozialis­tischen Deut­schen Arbeiter­partei) und Nr. 52 (Sperre und Beauf­sich­tigung von Vermögen) her­vor­zuhe­ben. Gesetz Nr. 5 bein­haltet in Abs. 1 unter Zähl­nummer 42 den "NS-Reichs­bund für Leibes­übungen", dem auch alle Unter­gliede­rungen, ein­schließ­lich Ver­eine unter­fal­len – das heißt kurz­ge­faßt, deren Tätig­keit ist in vollem Umfang ver­boten und sie werden auf­ge­löst (Nr. 5), ihr Eigen­tum ist zu be­schlag­nahmen und sicher­zu­stellen (Nr. 52).
im Mai: Der eiserne Fußgängersteg über die Saale, die ehemalige Schützenbrücke, wird mit einfachen Mitteln wieder hergestellt. Diese kleine Brücke, die in zwei Teile gesprengt im Wasser lag, kann gehoben und durch Schweiß­arbeiten, die die Firma Zeiß ausführt, schnell repariert werden. /TV/
nach 1. Juli: (So) Nach dem Abzug der US-amerikanischen Streit­kräfte folgt der Ein­marsch der Roten Armee und damit die Übernahme der Stadt­ver­wal­tung Jena durch die sowjet­russische Mili­tär­regie­rung.
8. August: (Mi) Der Jenaer Stadtkommandant erläßt eine Anord­nung zur Ablie­ferung von Schuß­waffen und Mu­ni­tion. /27a/
Ende Sep.: Die durch die Stadtverwaltung von den hiesigen Sportvereinen erhobenen Daten zu ihren Immo­bilien, Kon­ten und Bar­ver­mögen erge­ben für die Schützen­gesell­schaft Jena: Immo­bilien: Schützen­haus am Kies­hügel: 67.449 RM, Hypo­theken: Schützen­haus: 37.000 RM, Bar­konten: 582 RM, einge­frorene Kon­ten: 26.398 RM, Forde­rungen: 567 RM. /StA/
1. Oktober: (Mo) Der bisherige Vorstand der Jenaer Schützen­gesell­schaft, Fritz Bauer, wird vom Jenaer Sport­amt ersucht, alle zwischen der Priv. Schützen­gesell­schaft und dritten Personen beste­henden Ver­träge, die Hypo­theken­briefe und andere Aus­züge vor­zu­le­gen. Außer­dem ist ein Spar­buch des Bank­hauses Helm & Jungk auf den neuesten Stand zu bringen. /27b/
10. Oktober: (Mi) Der alliierte Kontrollrat erläßt sein Gesetz Nr. 2 bezüglich der "Auflö­sung und Liqui­dierung der Nazi-Organi­satio­nen". Artikel I verfügt die Auf­lösung der NSDAP, ihrer Glie­de­rungen und ange­schlos­se­nen Or­gani­sa­tio­nen und erklärt sie für unge­setz­lich. Die folgen­den Artikel betreffen die Beschlag­nahme von Immo­bilien, Ein­rich­tungen, Fonds, Konten, Akten und Archive sowie alles andere Eigen­tum der aufge­lösten Ver­bän­de. Der Anhang listet in 62 Posi­tio­nen die be­trof­fenen Organi­sa­tio­nen auf, hier unter Num­mer 43 der "NS-Reichs­bund für Lei­bes­übungen". /CC/
30. Oktober: (Di) Auf der Basis des Gesetzes Nr. 2 des Kontroll­rates wird mit dem Befehl der SMAD Nr. 124 (Be­schlag­nahme und provi­sori­sche Über­nahme eini­ger Eigen­tums­katego­rien in Deutsch­land) in der SBZ das Eigen­tum der verbo­tenen und aufge­lös­ten Gesell­schaften, Klubs und Ver­eini­gungen kon­fis­ziert. /W.de/
Dieser Erlass ersetzt damit in den Teilen Thü­ringens, die bis Ende Juni durch US-ameri­kani­sche Trup­pen besetzt waren, den bis­heri­gen SHAEF-Befehl Nr. 52 und be­en­det den seit Juli be­ste­hen­den Häge­zu­stand der wei­ter­ge­führ­ten Se­que­stra­tion ohne fort­be­ste­hen­de recht­liche Grund­lage.
31. Oktober: (Mi) Der Befehl der SMAD Nr. 126 (Konfiszierung des Vermögens der NSDAP) ergänzt den Befehl 124. Hier er­scheint im Ver­zeich­nis der Or­gani­satio­nen, deren Ver­mögen der Be­schlag­nahme unter­liegt, unter Nr. 43 der "NS-Reichs­bund für Lei­bes­übungen". /W.de/
17. Dezember: (Mo) Die Kontrollrats-Direktive Nr. 23 wird heraus­gegeben: "Be­schrän­kung und Ent­mili­tari­sie­rung des Sport­wesens in Deutsch­land". Damit wird die Auflösung aller beste­henden Turn- und Sport­vereine bis spä­te­stens 1. Januar 1946 ange­ordnet, jeg­licher Sport­betrieb, vor­nehm­lich in mili­tä­ri­schen oder para­mili­täri­schen Dis­zi­pli­nen, sowie Neu­grün­dungen von Ver­einen sind ver­boten. /CC/

Übrigens:


Quellen: /27a/, /27b/, /BP/, /CC/, /JM/, /PB/, /StA/, /TV/ - 5.1.1946,
/G.de/ - Geoportal-Th.de, /J.de/ - Chronik (1945), /W.de/ - Stichwort "SMAD"

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Jena, den 17. August 2015 -