Schützenadler
Kalender der Schützengesellschaft Jena

Das Paradiesfest im Zeichen der Jenaer Schützen
Großes Vokal- und Instrumentalkonzert

25. Juli 1935: Das Paradiesfest im Zeichen der Jenaer Schützen.
    Das Paradiesfest stand am Mittwoch im Zeichen der Jenaer Schützen, die das bunte Bild des Lebens und Treibens auf den Festwiesen durch ihre grünen Hüte mit den Federstutzen bereicherten. Zu einem richtigen Heimat- und Volksfest in Jena gehören auch die wackeren Schützen, die wir als Ritter der Gemütlichkeit immer wieder gern unter uns weilen sehen. Dieser Tag gestaltete sich überhaupt zu einer besonderen Ehrung für die Privilegierte Schützengesellschaft Jena von 1304, den sie in die Annalen ihrer altehrwürdigen Geschichte mit großen Lettern eintragen kann.
    Um 6 Uhr zogen die Schützen in strammer Haltung — an der Spitze die knallroten Anzeiger mit dem Hausmeister in der Mitte, dann die beiden neuen Schützenfahnen, dahinter die Standartenkapelle unter der Musikführer Köcher — angeführt vom Schützenmajor Zippel und seinem Adjudanten Bennin, unter flotter Marschmusik vom Marktplatz aus durch die Leutrastraße, die Schillerstraße, den Löbdergraben und die Paradiesstraße hinaus in das Paradies bis zu der alten Brücke (Sportplatzsteg), wo sie der Ober­bürger­meister und Kreis­leiter Armin Schmidt mit einigen Rats­herren erwartete.
    Als die Schützen in zwei Gliedern aufmarschiert waren, meldete sie der Schützen­major dem Ober­bürger­meister, der eine Ansprache hielt, in der er zunächst der Schützen­gesell­schaft dankte, daß sie sich auch in diesem Jahre dem Paradiesfest, das übrigens kein Rummelvergnügen, sondern ein wirkliches Volksfest im Sinne der neuen Volksgemeinschaft darstelle, für einen Tag zur Verfügung gestellt habe. Dann ging der Ober­bürger­meister kurz auf das wechsel­volle Schicksal der seinerzeit von der Schützen­gesell­schaft gebauten und der Stadt geschenkten Brücke ein, die in der Vorkriegs­zeit die Verbindung mit dem ehema­ligen Schützen­platz herge­stellt habe, aber schließlich, als sie den gestei­gerten Anforde­rungen des modernen Verkehrs nicht mehr gewachsen gewesen sei, einer neuzeit­lichen Brücke habe Platz machen müssen. Als Dank für die Stiftung und als Zeugnis der Aufrecht­erhaltung einer ehrbaren Tradition gebe er als Ober­haupt der Stadt der alten Brücke ihren ehren­vollen Namen "Schützen­brücke" wieder zurück. Möge die altge­diente treue Brücke, so schloß der Redner, die er der Obhut der Schützen­gesell­schaft übergebe, auch unter den verän­derten Verhält­nissen ihren Zweck erfüllen!
    Darauf erwiderte der Schützenmajor, Konditor­ober­meister Zippel, mit einer markigen Rede. Der Jahrhunderte alten Geschichte der Privi­legierten Schützen­gesell­schaft, so führte der Redner etwa aus, können wir heute wieder einen neuen Mark­stein hinzufügen, und zwar durch den begrüßens­werten Entschluß des Ober­bürger­meisters, der der alten traditio­nellen Schützen­brücke ihren histo­rischen Namen wieder­gegeben hat. Die alte Schützen­brücke hat, wie die Privi­legierte Schützen­gesell­schaft selbst, eine wechsel­volle Geschichte hinter sich, die der Redner nun in großen Umrissen schilderte. Nicht nur seine Schützen­kameraden, so fuhr der Schützen­major fort, sondern auch die Bevöl­kerung Jenas ist unserem Ober­bürger­meister Schmidt für diese geschicht­liche Tat der Wieder­gabe des alten ehrlichen und wohl­klingenden Namens der Schützen­brücke überaus dankbar. Wir erblicken darin das äußere Zeichen der Sympathie des Führers unserer Stadt für uns Schützen und einer 630jährigen Verbun­denheit von Bürger­meister, Bürger­schaft und Schützen von Jena. Kameraden stillgestanden! Im Namen der Privi­legierten Schützen­gesell­schaft und der anwesenden Jenaer Bürger danke ich Ihnen, hoch­verehrter Herr Ober­bür­ger­meister, von Herzen für diese Namens­änderung der Brücke. Wir bekräftigen diesen Dank, indem wir ausrufen: Unserem großen Führer und Volks­kanzler, unserem verehrten Stadt­oberhaupt und unserer lieben Stadt Jena ein drei­faches Sieg Heil!
    Dann bewegte sich der Schützenzug nach den Marsch­klängen der Stan­darten­kapelle über die Behelfs­brücke unter Böller­schüssen auf den Rummel­platz, wo sich die Schützen in den Bier­zelten zu einem erfri­schenden Trunke nieder­ließen. Das schöne Wetter hatte ungeheure Menschen­massen nach den Fest­wiesen gelockt.
    […]

Quelle: /JV/ - 1935

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Jena, den 30. April 2015 -