Schüt­zen­adler
Kalender der Schüt­zen­gesell­schaft Jena

Das Zunftschießen der Jenaer Innungen
am 16. Oktober 1933

7. Oktober: Alte Bräuche leben wieder auf.
Zunftschießen der Priv. Schützengesellschaft Jena von 1304.
    Die lange, ruhmvolle Geschichte der Priv. Schützengesellschaft Jena von 1304 soll um ein neues Blatt bereichert werden. Im Rahmen der der demnächst stattfindenden Reichshandwerkerwoche will sie ein Zunftschießen veranstalten und damit an einen längst verges­senen schönen Brauch wieder an­knüp­fen, der auch heute noch oder heute gerade wieder sinn­voll geworden ist.
    Man muß weit zurückgehen in der deutschen Geschichte, um zu den Anfängen der Priv. Schützen­gesellschaft Jena zu gelangen. Es war im Jahre 1304, da wird die "bewaffnete Bürgerschaft von Jena" zuerst urkundlich erwähnt, als sie mit den Erfurtern zusammen die drei Jenaer Burgen auf dem Greif­berg, Kirch­berg und Wind­berg zerstört hatte. Die Schützengesellschaften hatten in damaliger Zeit die Hand­werks­innungen im Gebrauch der Waffen zu unter­richten, und so war es uralte Bestimmung der Priv. Schützen­gesell­schaft von Jena, in ihren Reihen die wehrbaren Mitglieder der Innungen zusammen­zufassen, zu Schutz und Schirm des Vater­landes.
    Im Laufe der Jahrhunderte schlief dieser Brauch wieder ein. Erst im Jahre 1827, am 27. Mai, wurde bei der Jenaer Priv. Schützengesellschaft wieder nach der Scheibe geschossen. Diese Scheibe ist noch erhalten. Sie trägt die Inschrift: "Den schönen Bund, den wir vereint geschlossen, Er steh' auch fest im Sturme künft'ger Zeit!", und ist mit dem Bild {der} Camsdorfer Brücke und und zwei ineinander­geschlun­gene Hände{n} verziert. Der Schützen­platz war damals auf der Land­feste.
    Im neuen Reich, im Jahre 1933, hat die Priv. Schützengesellschaft ihre Innungen während der Reichs­hand­werker­woche zu einem
            Zunftschießen
aufgerufen. Sie will damit wie ehedem das Bindeglied sein zwischen den einzelnen Innungen, die sich bei ihr zu gemeinsamem Waffenspiel treffen. Es ist beschlossen worden von nun an sämtliche Innungen all­jährlich besonders einzuladen und sie aufzufordern, unter sich auf den Schießständen der Priv. Schützen­gesell­schaft, einen Wanderpreis auszuschießen. Das erste Zunftschießen findet am Montag, den 16. Oktober, vormittags 10 Uhr, auf den Schießständen der Priv. Schützengesellschaft am Kieshügel statt. Das Protektorat über das Schießen hat Oberbürgermeister Schmidt übernommen.
    Einen besonderen Anreiz für die Innungen wird der wertvolle Pokal, ein Geschenk des Großherzogs Carl Alexander, darstellen, den die Priv. Schützengesellschaft aus ihrem reichhaltigen Silberschatz ausgewählt und als Wanderpreis zur Verfügung gestellt hat. Dieser Pokal wird in Zu­kunft den Namen Zunftbecher tragen. Hinzu tritt noch eine ebenfalls von der Priv. Schützen­gesell­schaft gestiftete Kette, die der Obermeister der bei dem Zunftschießen siegenden Innung bei feierlichen Anlässen trägt. Der beste Schütze aller beteiligten Innungen erhält als Preis einen silbernen Becher zu eigen, und sämtliche Schützen, die ihrer Innung den Zunftpreis erringen, erhalten ein Diplom. Pokal und Kette bleiben immer Eigentum der Priv. Schützengesellschaft. Wenn aber eine Innung diese Wanderpreise dreimal hinter­ein­an­der oder fünfmal außer der Reihe errungen hat, erhält diese von der Priv. Schützen­gesell­schaft einen silbernen Pokal zur Erinnerung. Die Wanderpreise, Pokal und Kette, sind bei der Firma H. Paul Jahn, Damenmoden, Johannisstraße 25, ausgestellt.
    Jede Innung, die sich an dem Schießen beteiligt, stellt eine Mannschaft von drei Meistern, die um diesen Wanderpreis schießt. Das Ausschießen erfolgt mit Wehrmannbüchse, je zehn Schuß aufgelegt.
    Es ist erfreulich, daß die Priv. Schützengesellschaft Jena zu ihrem Teil an der Reichshandwerkerwoche mitarbeitet und so gleichzeitig ihrer Sendung gerecht wird: Bindeglied zwischen den Jenaer Bürgern zu sein und so die Volksgemeinschaft vollenden zu helfen. /JZ/
18. Oktober: Das Zunftschießen der Jenaer Innungen
    21 Jenaer Innungen kämpften am Montag aus Anlaß der Reichs-Handwerkerwoche auf den Schieß­stän­den der Privilegierten Schützengesellschaft Jena um die von dieser gestifteten Zunftkette und den Zunftbecher. Jede Innung stellte drei Schützen, von denen jeder 10 Schuß abgab.
    Die Verkündung der Ergebnisse und die Preisverteilung fand erst am Abend im Schützenhof in An­wesen­heit des Vorstandes des Gwerbevereins statt. Schützenhauptmann Zippel begrüßte die Gäste und gab dann ein kurzes Bild von der Geschichte der Jenaer Privile­gierten Schützen­gesellschaft von 1304, die aus den Zünften hervor­gegangen und eine der ältesten Deutsch­lands ist. Fleischermeister Rodigast in Lobeda hat ihre Chronik zusammen­gestellt, aus der hervorgeht, daß ihre Mitglieder bei der Zer­stö­rung der Burg Kirch­berg mitge­wirkt haben. Das erste Schützenfest fand, soweit sich feststellen läßt, im Jahre 1419 statt. Die Schützengesellschaft hat auch den Pulverturm erbaut. Im Jahre 1828 er­rich­tete die Gesell­schaft ihren Schieß­stand an der Rasen­mühlen­insel. Bei Erbauung der Saalbahn mußte sie hier weichen und wanderte über die Saale nach dem Gelände, auf dem heute die Ober­real­schule steht. Die "Schützen­brücke", der heutige Spiel­platz­steg, wurde von den Schützen erbaut und 1901 der Stadt zum Geschenk gemacht. In den ersten Jahren dieses Jahr­hunderts wurde dann das Gelände am Kies­hügel erworben, die Schieß­stände angelegt und der "Schüt­zen­hof" erbaut.
    Hauptmann Zippel gab zuerst die Ergebnisse des Gildenschießens der Schützengesellschaft be­kannt. Den Majestät-Hermann-Preis erhielt Ewald Barthel (5 Schuß Auflage 175 Meter) mit 93 Ringen. Den Hauptmann-Zippel-Preis errang Konditormeister Heintze. Beim Ordenssternschießen siegte Hermann Brendel, beim Auflegestern E. Barthel. Den silbernen Löffel errang Bennin.
    Im Zunftschießen hat die Wagner-Innung 423 Ringe erzielt und damit die Zunftkette errungen, die ihr Obermeister bei feierlichen Anlässen tragen wird. Die Schützen sind Knabe, Oskar Wimmer und Thyrolf.
    Den Wagnern folgen die Bild­hauer mit 409 Ringen, Dach­decker 376, Friseure 372, Maurer und Zim­merer 362, Elektro­techniker 362, Fleischer 358, Schuh­macher 357, Maler 344, Tischler 332, Uhr­macher 308, Böttcher 301; Schmiede {262}, Schneider {240}, Glaser {239}, Sattler {211}, Bäcker {211}, {Straßen­bauer 202} Schlosser {181} und Instal­lateure {156} erzielten weniger als 300 Ringe. Die drei besten Schützen: {Die zehn besten Schützen sind:} Bild­hauer­meister Pflügner, der mit 161 Ringen den silbernen Becher errang, Fleischer­meister Kiethe 157, Tischler­meister Sporr 149 Ringe {Stell­macher Wimmer 148, Friseur Seidel 148, Zimmer­meister Rüdiger 145, Dach­decker­meister Glaß 145, Elektro­installteur Gunder­mann 135, Uhr­macher­meister Wirth 134 und Straßen­bau­meister Fröhlich 130}.
    Nach einigen weiteren Ansprachen war der offizielle Teil der Feier beendet. Ein fröhlicher Tanz schloß den Abend ab. /JV/ {/JZ/}

Quellen: /JV/ - 18. Oktober 1933, /JZ/ - 7. und 17. Oktober 1933

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Jena, den 23. Februar 2015 -