28. Juli: | Schützen- und Volksfest auf dem Gries.
Es kann leicht eingewendet werden, daß in der gegenwärtigen schlechten Zeit sich sie Abhaltung von Veranstaltungen wie Vergnügen, Volksfesten usw. verbiete.
Die Jenaer Scharfschützen haben ernstlich erwogen, ob sie ein Volksfest abhalten sollen oder nicht und sind zu der Ueberzeugung gekommen, daß die wirtschaftliche Not durch Nichtabhalten des Volksfestes nicht gemindert, sondern vielmehr noch vergrößert werden kann, indem dadurch einem Teil Existenzberechtigter die Verdienstmöglichkeit genommen wird.
Das Volksfest der Jenaer Scharfschützen findet wie alljährlich statt, um Schaustellern, Musikern, Spediteuren, Druckereien, Lebensmittelgeschäften, Arbeitern und vielen anderen die Möglichkeit zu geben, Geld zu verdienen.
Volksfest heißt nicht Geld zu verschwenden, sondern Arbeit zu spenden. Nicht nur auswärtigen Gewerbetreibende kommen in Frage; auch großer Teil ortsansässiger Geschäftsleute, Fleischer, Lebensmittelhändler, Gastwirte sind am Fest direkt beteiligt und haben zum Teil die Haupteinnahmen des Volksfestes zu verzeichnen. Nicht zu vergessen ist, daß dadurch auch den städtischen Behörden, Wirtschaftsamt und Steuerkasse einige Notpfennige zufließen. Die Jenaer Scharfschützen haben mit der Reklame begonnen und haben vorgesehen, während des Festes auch der Aermsten zu gedenken. Sie haben vor, anläßlich ihres diesjährigen 20jährigen Bestehens von einer größeren offiziellen Feier abzusehen und dafür eine Speisung armer Kinder vorzunehmen (man spricht von 200 Kindern), jedenfalls ein Zug, welcher den Jenaer Scharfschützen hoch anzurechnen ist und ein Beweis, daß sie alles versuchen, im guten Einvernehmen mit der Bevölkerung zu bleiben. Hoffentlich wird das Fest, durch gutes Wetter begünstigt, für die Veranstalter und Besucher zufriedenstellend, denn die Jenaer Scharfschützen verstehen es, Volksfeste zu feiern. |
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6. August: | Die "Jenaer Scharfschützen" feiern vom 8. bis 16. August ihr Schützenfest, verbunden mit einem Volksfest auf dem Gries. Bereits {jetzt} sind viele Schausteller und Karusselbesitzer mit ihren Wagen auf dem Gries angefahren und mit dem Aufbau ihrer Buden beschäftigt. Diese Leute haben in der jetzigen schweren Zeit hart um ihre Existenz zu ringen und man wird es ihnen gönnen, wenn sie in Jena Gelegeheit zum Verdienst haben. {/JZ/} |
10. August: | Die Jenaer Scharfschützen feiern.
Beginn des Schützen- und Volksfestes. Von dem Grundsatz ausgehend, daß Buße tun in Sack und Asche gerade in Zeiten schwerster wirtschaftlicher Not nicht das Allheilmittel darstellt, hat sich der Verein Jenaer Scharfschützen e.V. entschlossen, sein diesjähriges Schützen- und Volksfest nicht unter den Tisch fallen zu lassen und dem Moloch Weltwirtschaftskrise zu opfern, sondern das Geld, das Notverordnungen, Steuern usw. übriggelassen haben, rollen zu lassen. Es wurde schon seinerzeit bei der ersten Ankündigung durch die Jenaer Scharfschützen darauf hingewiesen, daß soundsoviele Schausteller, Handwerker, Fuhrunternehmer und andere Beteiligte durch das Ausfallen des Festes um den so notwendigen Verdienst gekommen wären. Geholfen hätte eine Absage des Festes demnach niemandem, und wenn zudem noch morgen nachmittag 200 arme Kinder gespeist werden, so wird jede Kritik angesichts einer solch nachahmenswerten Tat verstummen. Das Schützen- und Volksfest, das sich über die Tage vom 8. bis 18. August erstreckt, begann am Sonnabend abend mit dem Antreten der Scharfschützen im "Goldenen Engel". Nach Eintritt der Dunkelheit zogen die Schützenbrüder im schmucken Rock mit brennden Fackeln und unter den Klängen des Zapfenstreichs durch die Stadt hinunter zum Festplatz auf dem Gries, wo das Fest seinen eigentlichen Anfang nahm. Der frühe Sonntag nachmittag sah die Scharfschützen wieder bei Hauptmann Bicking im Augustinerbräu, wo man sich auf das Einholen des Königs, Gastwirt Fritz Kamprad vom "Engel", vorbereitete. Die Zeiten ändern sich, man fährt heutzutage mit Benzinpferden, und so geleiteten denn die Scharfschützen ihren Schützenkönig im Automobil im Umzug durch die Stadt zum Festplatz, wo sich bald ein buntes Bild, ein echtes Volksfest entwickelte. Und weil auch noch das Wetter gnädig zusah, so war die frohe Stimmung bald allgemein bei alt und jung eingekehrt. Man hatte mit dem Alltagskleid auch den griesgrämigen Menschen darin ausgezogen und war einmal wieder froh und jung. < … > Am Abend bot dann das Festzelt Gelegenheit zu gemütlichem Beisammensein der Schützenbrüder. Echte Kameradschaftlichkeit klang aus allen Reden, die die Vertreter der Schützengesellschaften von Lobeda, Bürgel und Apolda hielten. Die Thüringer Fröhlichkeit kam auch hier wieder so recht zum Durchbruch, und wie es bei derartigen Anlässen zu gehen pflegt, trennte man sich nur sehr schwer. Aber das Fest ist ja noch nicht zu Ende, und die Schützen werden während der nächsten Tage noch des öfteren Gelegenheit nehmen, sich zu treffen. Heute früh hat das Schießen nach Vogel und Scheiben begonnen. Heute nachmittag findet ein Gedächtnisschießen für die verstorbenen Kameraden statt und daran anschließend gibt es fünf Minuten Schnellfeuerschießen. Gegen abend heißt die Parole wieder: Treffpunkt Festzelt! Nach dem gelungenen Auftakt der beiden ersten Tage des Schützenfestes kann man wolh auch für den Rest der Veranstaltung eine günstige Prognose stellen. /JZ/ |
13. August: | Das Schützenfest des Vereins der Jenaer Scharfschützen hat bis jetzt einen guten Verlauf genommen. Es begann am Sonnabend mit dem Antreten der Scharfschützen im "Goldenen Engel", von wo aus sie nach Eintritt der Dunkelheit mit brennenden Fackeln unter den Klängen der Kapelle zum Festplatz auf dem "Gries" zogen. Am Sonntag nachmittag trafen sich die Scharfschützen bei ihrem Hauptmann Bicking im "Augustiner-Bräu", worauf sie ihren Schützenkönig Fritz Kamprad vom "Goldenen Engel" abholten und im Umzug durch die Stadt zum Festplatz geleiteten. Am Sonntag früh begann das Vogelschießen, dem sich am Nachmittag ein Gedächtnisschießen für die verstorbenen Kameraden und ein Schnellfeuerschießen anschloß. Am Dienstag gab der Schützenkönig seinen Schützenbrüdern im "Engel" ein Frühstück. Am Nachmittag wurden 200 Kinder im "Engel" auf Kosten der Scharfschützen gespeist. Später wurden sie nach dem "Gries" geleitet, wo ihnen freier Eintritt zu den Veranstaltungen gewährt wurde. |
14. August: | Das "Vogelschießen" der Jenaer Scharfschützen zog am Donnerstag abend eine gewaltige Menschenmenge nach dem Gries, wird doch an diesem Abend nach altem Herkommen des Feuerwerk abgebrannt.
Die Würde des Schützenkönigs hat, wie wir hören, der
Friseur Artur Riedel (Holzmarkt) errungen.
Gegen 9 Uhr gab es auf dem Festplatz eine Zwischenfall. Bei einer "Todesfahrt" auf der Steilwandbahn explodierte ein Motorrad und setzte den Fußboden in Brand. Fahrer und Zuschauer konnten sich unversehrt retten. Die sehr schnell eintreffende Feuerwehr beseitigte dann rasch jede Gefahr. |
15. August: | Auf dem Gries! "Schützenfest" Heute abend nochmals großes Brillant-Feuerwerk. |
17. August: | Das "Vogelschießen" auf dem Gries ist am gestrigen Sonntag zu Ende gegangen. Die Schausteller brechen ihre Zelte ab und ziehen weiter. Der Festplatz hatte gestern noch einmal guten Besuch und der Verlauf der Schützenfestwoche hat gezeigt, daß derartige Veranstaltungen immer noch großen Anklang bei der breiten Masse der Bevölkerung finden. Wenn auch kein glänzendes, so werden die Schausteller doch ein annehmbares Geschäft gemacht haben und auch die Scharfschützen dürften nicht zu kurz gekommen sein. |
Quellen: /JV/ - 1931, /JZ/ - 1931
[ 1931 ]
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Jena, den 30. November 2014 -